Meine Liebe zur französischen Literatur wurde bereits in der Schulzeit geweckt. In der Oberstufe mussten wir Madame Bovary von Gustave Flaubert lesen, der mich auch außerhalb des Klassenzimmers beschäftigte – das also sollten die ‚Sitten der Provinz‘ sein? Ich selbst stamme vom Land, kannte also Bauernhöfe, verschlafene Dörfer und triste Kleinstädte. Insgeheim sympathisierte ich mit der rebellierenden Hauptfigur – „Madame Bovary, c’est moi!“ Als mich mein Auslandssemester nach Paris brachte, war es endgültig um mich geschehen – ich las Balzac und Baudelaire, dann Hemingways Paris-Buch und flanierte durch die Straßen, die bereits Eugène de Rastignac erobert hatte und wohnte im Viertel von Vernon Subutex, den ich erst 20 Jahre später kennenlernen sollte. Im weiteren Studium war es dann Proust, der mein Herz eroberte. Ein Jahr lang folgte ich völlig gebannt seiner Suche nach der verlorenen Zeit, dem Glamour und den Abgründen der Belle Époque. Erst seit meinem Wechsel nach Landau habe ich die französische Gegenwartsliteratur für mich entdeckt, die ich sehr viel aufregender finde als vieles, was hierzulande erscheint.